22.12.2020 | Tim Remmel
Ein Ansatz zur Modellierung des Geschäftsrisikos
Die Auswirkungen des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes auf Banken und Finanzdienstleister werden mittlerweile immer deutlicher. Insbesondere die gesunkenen Erträge aus dem „klassischen“ Zinsgeschäft und die damit einhergehenden negativen Effekte auf die Zinsspanne stellen die Marktteilnehmer vor immer größere Herausforderungen. Eine nachvollziehbare Reaktion darauf ist die Stärkung weiterer Ertragsquellen.
Ausgangslage
Die Auswirkungen des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes auf Banken und Finanzdienstleister werden mittlerweile immer deutlicher. Insbesondere die gesunkenen Erträge aus dem „klassischen“ Zinsgeschäft und die damit einhergehenden negativen Effekte auf die Zinsspanne stellen die Marktteilnehmer vor immer größere Herausforderungen. Eine nachvollziehbare Reaktion darauf ist die Stärkung weiterer Ertragsquellen. Insbesondere die Erträge aus Provisionen rücken dabei immer weiter in den Fokus. Dabei sind sowohl Gebühren aus dem Zahlungsverkehr als auch Erträge aus der Depotverwaltung als wesentliche weitere Einnahmequellen zu nennen. Bei Vermögensverwaltungsgesellschaften sind die Erträge aus dem Depotgeschäft ohnehin als primäre Ertragsquelle fest verankert.
Dazu sind im Risikomanagement in der Regel umfassende Methoden und Prozesse vorzufinden, mit denen die klassischen Risikoarten, wie Adressenausfall-, Marktpreis- oder auch operationelle Risiken, identifiziert und bewertet werden können. Von untergeordneter Bedeutung ist dabei bisher jedoch die Betrachtung von Geschäftsrisiken, die unter Anderem die Schwankung von wesentlichen Ertragskomponenten beinhalten. Durch die immer größer werdende Bedeutung von Provisionserträgen wird sich zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Notwendigkeit zur Modellierung des Geschäftsrisikos als weitere wesentliche Risikoart im Rahmen der Risikoinventur ergeben. Auch die Aufsicht hat das Thema bereits fest im Blick. Am Markt bestehen jedoch zur Umsetzung nur begrenzte Modellierungsansätze.
Im Rahmen eines Projektes bei einer Vermögensverwaltungsgesellschaft haben wir uns daher mit dem Thema intensiv beschäftigt und ein Modell entwickelt, dass insbesondere die Risikomessung aus Ertragsschwankungen bei der Depotverwaltung ermöglicht. Dabei wurden die Neuerungen des „ICAAP“ auf die Risikotragfähigkeit als zwingende Rahmenbedingung einbezogen. Darüber hinaus ist die Methodik auch zur Abbildung zahlreicher weiterer Komponenten des Geschäftsrisikos geeignet.
Modellgrundlagen
Bei der Analyse wurden zwei Faktoren als wesentliche Risikokomponenten ausgemacht. Dabei handelt es sich einerseits um die Höhe der Volumina in den Kundendepots („Assets under Management“). Andererseits bestimmt die Depotmarge ebenfalls maßgeblich die Höhe der Erträge.
Sollten die „AuM“ durch z.B. Krisen am Aktienmarkt und daraus resultierenden Marktwertverlusten sinken, reduziert sich der Provisionsertrag dementsprechend und hätte einen negativen Effekt auf die Ertragslage, bzw. Kapitalausstattung der Bank.
Auch bei der Depotmarge sind negative Ergebnisschwankungen denkbar. Der im immer stärker umkämpften Markt gestiegene Wettbewerbsdruck könnte dazu führen, dass die Margen nicht mehr auf aktuellem Niveau gehalten werden können und somit selbst bei gleichbleibenden „AuM“ zu Ergebniseinbußen führen.
Methodik
Zur Risikoquantifizierung wird ein Planszenario, sowie zwei Risikoszenarien mit angepassten Risikoparametern simuliert. Die Parametervariationen werden dabei institutsspezifisch hergeleitet. Dabei kann der Betrachtungshorizont für die Normative und Ökonomische Perspektive flexibel variiert werden. Als Ergebnisgrößen wird sowohl der erwartete als auch der unerwartete Risikowert berechnet, der als Delta zwischen den Risikoszenarien und dem Planszenario definiert ist. Darüber hinaus können mit dem Modell auch drastischere Parametervariationen für z.B. Stresstests dargestellt werden.
Das Planszenario stellt die aktuelle Jahresplanung dar. Darin wird ausgehend vom aktuellen Gesamtdepotvolumen und wahlweise unter Einbezug des geplanten Neugeldes die voraussichtliche Veränderung des Depotvolumen auf Monatsbasis simuliert. Im Zusammenspiel mit der aktuellen Depotmarge werden daraus die geplanten Provisionen für die Folgemonate prognostiziert.
Abweichend dazu wird das erwartete Risikoszenario aufgebaut. Hierbei soll ermittelt werden, welche Auswirkungen durch die Schwankung von „AuM“ und „Depotmarge“ innerhalb eines bestimmten Risikohorizontes auf die Planungsrechnung grundsätzlich zu erwarten sind.
Analog dazu erfolgt der Aufbau des unerwartete Risikoszenarios. Hier ist die Kernaussage jedoch, welche potenziellen Auswirkungen durch die Schwankung der Risikofaktoren innerhalb eines bestimmten Risikohorizontes möglich sind. Dabei erfolgt die Berechnung auf Basis des Value at Risk.
Fazit
Mit Hilfe des Modells konnten verlässliche und nachvollziehbare Risikowerte ermittelt werden, in denen auch Extremwerte wie die „Corona-Krise“ frühzeitig abgebildet wurden und rechtzeitig risikomindernde Steuerungsmaßnahmen hätten eingeleitet werden können.
Sie interessieren sich für die Integration eines Modells zur Abbildung Ihres Geschäftsrisikos, oder benötigen Unterstützung bei der Prozessoptimierung? Dann sprechen Sie uns gerne direkt an.
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